So lernt man Leute kennen - von der Bergwacht Ramsau

Geschrieben am: 12.09.2010 14:06
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Irgendwann musste es wohl kommen. Gestern suchte ich mal wieder einen alten, unbezeichneten Weg, nämlich die Führe 635 im AV-Führer von 1997 (Eigentlich gar nicht soo alt, aber sehr kanppe Beschreibung). Ein IIer aus der Halsgrube aufs Knittelhorn.


Den Weg habe ich nicht gefunden bzw. irgendwann verloren. Ich bin dann ewig lang am Hang herumgestiegen, bis ich nicht mehr dort zurück konnte, wo ich rauf bin. Schließlich kam ich gegen 17 Uhr in die Rinne, in der ich meiner Meinung nach auch aufgestiegen war.

Da dachte ich natürlich, dass es sich locker ausgeht und ich jetzt gemütlich in der Rinne absteige. (Sonst hätte es noch die Möglichkeit gegeben, am oberen Ende der Rinne einigen Steindauben auf den Grat zum Teufelskopf zu folgen.)

Die Rinne war aber eine fiese solche. Sie wurde immer steiler, alles rutschte, ich hab immer wieder versucht, Teile außen zu umgehen, die Zeit verging. Und dann kam irgendwann ein 2 m tiefer Absatz. Sowas kann ich nicht einfach springen, mit meinem Knie. Inzwischen dämmerte es.

Ich habe dann meine Lmape angemacht und versucht, den Absatz zu umgehen. Aber das gelang nicht, und ich musste einsehen, dass ich nicht weiter runter komme. Also suchte ich mir einen Platz, auf dem ich ein paar Stunden durchhalten konnte, und rief um 21.20 Uhr die Bergwacht, bzw. 112.
Ich wurde gefragt, wo ich bin, was mein Höhenmesser anzeigt, ob ich die Lichter von Hintersee sehe, ob ich verletzt oder akut absturzgefährdet bin und wie ich ausgerüstet bin, ob ich friere. Außerdem nach Namen und Geburtsdatum. Meine Handynr. konnte der Rettungsmensch sehen, obwohl ich sie normalerweise unterdrücke.


Er wies mich an, mich nicht vom Fleck zu rühren und die Leitung freizuhalten, da mich der Einsatzleiter der Bergwacht Ramsau anrufen würde. Der meldete sich ein paar Minuten später und sagte, wenn ich Lichter sehe, solle ich pfeifen, die erste Gruppe würde mit einem Motorrad zur Halsgrube kommen. Er rief dann nochmals an, die Gruppe würde mich pfeifen hören, aber nicht sehen.

Kurze Zeit später sah ich die Lichter und sie meine Stirnlampe. Die zwei arbeiteten sich die Rinne hinauf bis vor den steilen Absatz und ich hörte sie beratschlagen. Sie forderten Bohrmaschine und Statikseil an. Fragten mich, ob ich noch aushalten würde. Klar, was sollte ich sonst machen.

Die zweite Truppe tauchte dann eine Stunde später auf. Ein riesiger Scheinwerfer wurde installiert, der meine Umgebung aus 500 m Entfernung perfekt ausleuchtete. Schließlich erschien jemand in der Rinne direkt unter meinem Sitzplatz und bohrte erstmal zwei Haken. Dann ließ er seinen Kumpel nachkommen und beide diskutierten, wie sie zu mir gelangen sollten, ungefähr 5 m über ihnen. Ich sagte, dass ich im Bogen von oben gekommen sei. Das fanden sie aber wohl unpraktisch wegen des Fixseils. Die Wand wurde als total brüchig befunden. Während der eine noch überlegte, stieg der andere ruckzuck zu mir hoch. Er hatte spezielle Schuhe an, die ich noch nie gesehen habe und die ich als eine Art Outdoor-Kletterschuhe interpretierte.

Er bohrte als erstes einen Haken und legte mir den Bergegurt um, so eine Art Plane, die über den Rücken gelegt wird, mit drei Gurten, einer kommt zwischen die Beine, zwei um die Hüften, außerdem zwei Gummibänder über die Schultern. Die drei Gurte werden vorn mit einem Karabiner zusammen gehalten, an dem noch ein zweiter Karabiner fürs Abseilen befestigt ist. Jeder der drei Gurte hat drei Ösen, die je nach Größe des Kandidaten gewählt werden.

Ich wurde per Bandschlinge gesichert, dann wurden noch zwei weitere Haken geschraubt und alle drei mit einer Bandschlinge verbunden. Es war jetzt zwei Uhr nachts. Ich rief meinen Schnubbel an, dass man mich eingefangen habe.

Der zweite Bergwachtler stieg nach. Dann wurde ich zum Abseilen fertig gemacht. Der erste Bergretter hing sich direkt unter mir ans Seil, so dass er meinen Hintern dirigieren konnte. Der zweite blieb oben und ließ uns beide zusammen per HMS ab. Zuerst knickten mir die Füße komplett ein, ich hatte ja fünf Stunden gesessen, aber dann ging es ganz gut. Wir gingen dann gleich weiter die Rinne rückwärts am Seil hinunter. Irgendwann fragte ich, wie lang denn das Seil sei, weil nach meiner Schätzung 60 m langsam zu Ende sein müssten. Aber das Seil hatte 100 m.

Ich sah, dass das Seil über eine Kante scheuerte und hatte Angst, dass es reißt.  Der Bergwachtler oben hatte es auch gesehen und rief, wir sollten stehen bleiben, damit er das Seil richten könne. Das klappte aber nicht, und der unter mir meinte: "Werd scho halten." Tat es auch.  Unterwegs sammelte mein Begleiter noch meinen zweiten Stock ein, den ersten hatte er schon.

Schließlich war das Seil zu Ende und die Schwierigkeiten auch überwunden. Wir stiegen weiter ab, der Rest der Truppe hinter uns. Klar, dass ich mir Mühe gab, den Verkehr nicht noch weiter aufzuhalten. Am Halsalm-Forstweg standen das Motorrad und der Einsatzwagen. Sie nahmen mich mit bis zum Parkplatz, und ich musste dann noch hinter ihnen her zur Wache fahren, um einige Angaben zu machen. Ich spendete 70 Euro und fuhr nach Hause, wo ich kurz vor 4 Uhr ankam. Da ich mehrmals gefragt wurde, welchen Weg ich eigentlich gehen wollte und keiner die Führe kannte, nur einer vom Hörensagen, habe ich die Angaben am nächsten Morgen noch gemailt.


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